Während des Lesens mache ich mir manchmal Notizen über das Buch und nehme diese dann gern her zum Schreiben einer Rezension. Bei Arno Strobels „Die Flut“ stand auf dem Zettel mehrfach ein und dasselbe Wort: spannend. Das ist dieses Buch auf jeden Fall und ich habe es kaum aus der Hand legen können.
Auf der Insel Amrum machen Julia und Michael gemeinsam Urlaub mit Michaels Arbeitskollegen Andreas und dessen Frau Martina. Andreas hat ein geerbtes Haus auf Amrum und möchte die Ferien nicht alleine mit seiner Frau verbringen. Warum das so ist, wird schnell klar und auch konsequent durch den ganzen Roman fortgeführt: Martina ist eine sarkastische, vom Leben mit Andreas genervte Ehefrau, die permanent meckert. Selbst als Leser ist man irgendwann von der Meckerei bedient und kann v.a. Julia verstehen, die ihr immer mehr aus dem Weg geht.
Mitten im Urlaub geschehen auf einmal Morde an Pärchen auf bestialische Art und Weise. Die Frau wird am Strand bei Ebbe eingegraben, der Mann daneben gefesselt. Bei Flut ertrinkt die Frau langsam und der Mann muss hilflos dabei zusehen. Die Morde steigern sich – eine logische Konsequenz.
Die ermittelden Polizisten bieten alle Klischees auf, die zu finden waren: böser Bulle, guter Bulle, dorftrotteliger Polizist und der Hilfssheriff. Trotzdem macht es Spaß, den Ermittlern über die Schulter zu schauen und mitzurätseln.
Die Spannungen und Ängste auf der Insel und zwischen den beiden Paaren werden glaubhaft beschrieben. Der Stress, den ein freilaufender Mörder erzeugt, ist quasi spürbar. Die vielen möglichen Verdächtigen machen es dem Leser schwer, auf die richtige Lösung zukommen. Ich habe immer wieder zwischen den Verdächtigen gewechselt, alle scheinen möglich zu sein.
Kleine Schwachpunkte gibt es allerdings ebenso. Die Darstellung der Julia hat mich zusehends genervt. Zum einen ist sie so toll/schön, dass alle sie begehren und anstarren. Das erscheint mir doch etwas übertrieben. Und zum anderen erfolgt als Reaktion auf Konflikte immer wieder dasselbe – sie rennt schreiend auf die Dünen heraus. Dies ist einfach anstrengend und teilweise so unnötig.
Wer einen Roman mit Lokalkolorit erwartet, ist hier leider nicht gut bedient. Die Insel ist als Schauplatz austauschbar und könnte jede Insel an der Nordsee sein. Typische Dinge wie lokaler Dialekt oder Traditionen sind Fehlanzeige, lokale Spezialitäten kommen am Rande vor, haben aber keinen direkten Einfluss auf die Handlung.
Das Ende des Thrillers kommt recht plötzlich und kurz, aber unerwartet und gibt daher einen schönen Abschluss. Für mich ist das Buch absolut zurecht auf den Bestsellerlisten und auf jeden Fall eine Empfehlung wert!