Wenn man einen Roman trotz fantastischen Sommerwetter und 500 Seiten innerhalb von 3 Tagen ausliest – dann muss es einfach genial sein. Ich liebe dieses Buch!
Erzählt wird eine amerikanische Familiengeschichte aus der Zeit von 1989 bis 2012. Schon gleich am Anfang wird angedeutet, dass es ein Unglück im Jahre 2004 gibt und man ist natürlich gespannt, was passiert sein könnte. Die Geschichte wird aus Sicht von Marcus geschrieben, der mittlerweile ein berühmter Schriftsteller ist und als Ich-Erzähler fungiert. Er ist der Sohn von Nathan Goldman und die Familie lebt in Montclair. Sie sind der „arme“ Teil der Familie. Der Bruder von Nathan, Saul Goldman, lebt mit seiner Frau Anita und dem Sohn Hillel in Baltimore. Durch mehrere Zufälle wird auch Heimkind Woody Teil der Familie in Baltimore. Die Goldmans aus Baltimore haben scheinbar alles: schöne Ehefrau, große Haus mit Pool, Erfolg im Job. Marcus verbringt so oft es geht die Zeit in Baltimore und die 3 Jungs werden beste Freunde. Für Marcus ist seine Familie aus Montclair immer viel weniger glamourös und er beginnt sich für seine Familie zu schämen.
Die Jungs schwören sich ewige Freundschaft, aber mit dem Heranwachsen, dem Beginn des Studiums und der ersten Liebe brechen erste Eifersüchteleien, Neid und Missgunst auf. Die äußere Harmonie beginnt zu bröckeln. Die Familiengeheimnisse kommen nach und nach ans Licht. Immer wieder gibt es Hinweise auf zukünftige Geschehnisse und Veränderungen, so dass der Roman sehr spannend ist. Es erfolgen sehr dramatische und unerwartete Ereignisse. Die Spannung bleibt bis zu letzt erhalten. Durch mehrere Zeitsprünge und die kurzen Kapitel kann man sich ein gutes Bild der Familie machen und man fiebert mal mit dem einem, mal mit dem anderen Familienmitglied mit.
Joel Dicker gibt mit seinem Roman einen guten Einblick in ein amerikanisches Familienleben. Die Goldmans aus Baltimore erfüllen die Klischees vom amerikanischen Traum, aber man bekommt Stück für Stück Einblick hinter die Fassade. Aufstieg und Fall, Armut und Reichtum liegen nah beieinander. Die Sicht des Kindes Marcus, der alles in Baltimore immer toll fand und seine Eltern als die benachteiligten Familienmitglieder angesehen hat, kommt mit den Jahren ins Wanken.
Der Autor versteht es, packend zu schreiben und sich nicht in zu viele Details zu verlieren. Die einzelnen erzählten Begebenheiten ergeben nach und nach zusammen ein interessantes Familienbild und eine spannende Geschichte. Ich wollte, dass das Buch nicht endet, gleichzeitig aber natürlich unbedingt das Ende wissen! Eine wunderbar geschriebene Familiengeschichte, die für mich alles hat, was ein gutes Buch braucht.
Ein besonderes Highlight war dieser Dialog zwischen Schriftsteller Goldman und seinem Agenten Roy: „Nicht weinen, mein lieber Goldman. In zwanzig Jahren liest doch kein Mensch mehr.(…) Die Leute sind nur noch damit beschäftigt, wie blöd auf ihren Handys herumzuspielen. Wissen Sie, Goldman, das mit den Verlagen ist vorbei.“