Lange habe ich mit dieser Rezension gerungen, denn so ganz warm bin ich mit diesem Buch leider nicht geworden. Ich habe „Lettipark“ als Hörspiel-CDs angehört. Gelesen werden die Geschichten von der Autorin selbst. Sie hat eine sehr angenehme Stimme und durch ihre eigene Betonung der Geschichten bekommen diese nochmal eine eigene Dynamik im Vergleich zum Selberlesen. Sie liest sehr angenehm, aber nicht einschläfernd. Die Geschichten benötigen aber beim Zuhören volle Aufmerksamkeit.
Judith Hermann läßt uns in 17 verschiedenen Erzählungen an einzelnen Momenten von verschiedenen Personen teilnehmen. Die Geschichten kommen ohne Vorgeschichte und ohne konkrete Enden. Sie bleiben offen, sind Momentaufnahmen. Manche Geschichten lassen einen ratlos zurück, an manchen möchte man gern noch mehr wissen. Viele Erzählungen enthalten tragische oder glückliche Momente bzw. Personen. Man erlebt diese Geschichten und fragt sich doch immer nach dem Fortgang, nach den Hintergründen. Diese gibt uns Judith Hermann aber nicht. Die Konzentration liegt auf dem Moment, auf den Begegnungen von Menschen, die kurze, kuriose Erlebnisse teilen.
Mir blieben viele der Geschichten merkwürdig offen, viele Fragen schwirrten in meinen Kopf. Von einer Geschichte in die nächste zu hüpfen, war mir nicht möglich. Ohne Frage: die Prosa ist beeindruckend, die Erzählungen wie gewohnt handwerklich perfekt geschrieben. Judith Hermann hat einen ruhigen Erzählstil, die Geschichten regen definitiv zum Nachdenken an. Und doch frage ich mich nach dem Sinn von diesem „Anerzählen“ der Geschichten. Einige haben durchaus Potential ausführlich erzählt zu werden.
Ein Erzählband, den man so schnell nicht vergisst. Geschichten, die einem nachgehen. Durchaus gelungen, aber nichts zum nebenbei hören. Ich bin nicht völlig begeistert wie von anderen Werken von Judith Hermann, kann aber auch nicht abraten. Die Erzählungen haben einen Tiefgang, der einen einnimmt und von der Ratlosigkeit am Ende abgesehen, sind diese sehr hörens- bzw. lesenswert.