Laura McHugh hat mit ihrem Erstlingsroman gleich einen Volltreffer gelandet. „Die Schwere des Blutes“ beginnt fast harmlos und steigert sich bis zum großen Grauen. Der Thriller ist nichts für Liebhaber von Gerechtigkeit – hier geschehen unzählige Verbrechen unterschiedlichster Art, die fast alle ungesühnt bleiben. Opfer haben es fast alle „verdient“, eine handelnde Polizei oder Justiz gibt es nicht. Gerade deswegen hebt sich ihr Roman aber so wohltuend ab von den amerikanischen Thrillern.
Nicht der Polizeiheld ermittelt, sondern Lucy, deren Mutter vor 16 Jahren spurlos verschwand. Cheri, eine Schulfreundin von Lucy, verschwindet ebenso, taucht aber nach einem Jahr verstümmelt wieder auf. Lucy lässt das Schicksal ihrer Freundin keine Ruhe und sie versucht deren letztes Lebensjahr zu rekonstruieren. Verschiedene Hinweise fügen sich immer mehr zusammen und lassen eine Verbindung zu ihrer Mutter Lila und deren Schicksal vermuten. Lucy befragt alle, die ihre Mutter kannten und stöbert in den Unterlagen ihres Onkels. Dabei scheut sie sich auch nicht vor Einbrüchen zurück. Stück für Stück entfaltet sich eine schaurige Familiengeschichte und es wird deutlich, dass die ganze amerikanische Kleinstadt in den Bergen Missouris wegschaut hat als unter Ihnen mehrere Verbrechen an jungen Frauen begangen wurden.
Die Geschichte wird abwechselnd von verschiedenen Personen der Handlung erzählt. Lila und ihre Tochter Lucy haben den meisten Anteil, andere kommen nur einmal zu Wort. Lila erzählt ihre Gechichte als Waisenkind mit exotischem Aussehen, welches mit 18 als Farmershilfe auf den Hof von Crete kommt. Sie fällt im Ort auf und hat zunächst kaum Anschluss, dafür stellen ihr aber mehrere Männer nach. Letztlich findet sie ihr Glück mit Carl, dem Bruder von Crete, welches aber nicht von Dauer ist. Sie verschwindet spurlos kurz nach der Geburt von Lila. Im Laufe des Buches wird ihre Geschichte immer weiter erzählt, parallel findet auch ihre Tochter Lucy immer weitere Dinge v.a. über ihren Onkel Crete heraus.
Durch den stetigen Wechsel der Erzählperspektiven bleiben beide Geschichten – die der Vergangenheit um Lila und die, um Cheris Mord, spannend bis zum Schluss. Beide Geschichten greifen immer weiter ineinander, um am Ende erfolgreich von Lucy gelöst zu werden. Eine Bestrafung der Täter im herkömmlichen Sinne findet aber nicht statt, was irritiert, aber dieses Buch eben auch zu etwas besonderem macht. Das Blut ist im Falle der Familie Dane (Lucy) eben dicker, als die Bestrafung aller Täter.
Ich habe den Thriller verschlungen- durch die kurzen Kapitel kann man auch immer kurz zwischendurch weiterlesen. Der Roman ist hochspannend, gerade in die Gefühle von Lila und Lucy kann man sich gut hineinversetzen, die Gründe für das Verschwinden erwartet man so lange Zeit nicht. Ein Thriller, der sich auf jeden Fall schnell liest und sich lohnt! Zum Buch: Die Schwere des Blutes erschienen beim Limes Verlag.