Ralf Rothmann ist mit „Im Frühling sterben“ ein bewegender und überzeugender Antikriegsroman gelungen. Jeder Satz ist wohl überlegt und treffend.
Der Autor beginnt seine Geschichte mit einer Beschreibung des Vaters Walter 30 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg. Der Vater hat hart gearbeitet im Bergwerk, war nie krank, hatte keine Freunde und wirklich Freude schien er auch nie zu haben. Warum das so ist, wird im Laufe der Geschichte klar. Erzählt wird die Geschichte zweier Freunde, gerade 17 Jahre alt und als Melker auf einem Hof in Norddeutschland. Kurz vor Ende des Krieges 1945 werden beide noch zwangsrekrutiert, erhalten eine kurze Ausbildung und werden nach Ungarn an die Front geschickt. Walter hat es dabei vermeindlich besser, er darf einen LKW fahren, während sein Freund Fiete an die Front muß. Die beiden Freunde haben klar verteilte Rollen – während Walter vernünftig ist und folgt, beschäftigt sich Fiete schon früh mit dem Gedanken der Flucht. Obwohl Walter ihm es mehrfach erfolgreich ausredet, versucht es Fiete eines Tages doch und wird erwischt. Er wird zum Tode verurteilt und ausgerechnet Walter soll ihn mit anderen Kameraden erschießen. Die Gewissensfrage nagt sehr an Walter und wird letztlich sein ganz Leben beeinflussen.
Die Situation ist fast unvorstellbar und lässt den Leser mitleiden. Die Frage, wie man selbst in dieser Situation gehandelt hätte, steht unausgesprochen im Raum. Die ganze Lage im letzten Kriegsjahr in Ungarn, wo viele schon ausgebrannt sind, das Ende des Krieges quasi schon in der Luft liegt, beschreibt Rothmann mit sehr klaren Bildern und macht die Situation für den Leser lebendig. Der Wahnsinn, dass junge Männer in den Krieg getrieben werden, beschreibt er nüchtern und das macht den Leser gleichzeitig so fassungslos.
Ein Roman mit keinem Wort zuviel, Stil und klarer Aussage. Absolut lesenswert.