Mit „Das Lied der Störche“ ist Ulrike Lenk ein schöner Frauenroman zum Abtauchen gelungen. Man versinkt in das Schicksal der Hauptprotagonistin Frederike und erlebt mit ihr gemeinsam die Kindheit und die ersten Jahre des Erwachsenwerdens.
Angesiedelt ist das Geschehen in Ostpreußen 1920. Frederikes Mutter hat erneut – das 3.Mal – geheiratet und die ganze Familie (Mutter, Frederike und ihre Halbgeschwister) siedeln von Potsdam nach Ostpreußen auf einen abgelegenen Gutshof um. Hier wird zunächst die Zeit zum Eingewöhnen in das Leben auf dem Hof aus Sicht der 11jährigen Frederike beschrieben. Eines Tages erfährt sie, dass ihre Zukunft ungewiss ist, da ihr Erbe nach dem 1. Weltkrieg verloren ist und sie auf dem Gutshof beim neuen Mann ihrer Mutter nur geduldet ist. Ihr wird klar, dass sie die Abläufe eines Gutshofes erlernen muss, um später selbst einen leiten zu können. Und natürlich, dass sie sich „gut“ verheiraten muss. Sie schwärmt mit ihren jungen Jahren bereits für den väterlichen Freund Ax von Stieglitz.
Es kommt zu einem kleinem Zeitsprung und die fast erwachsene, älteste Tochter kehrt wieder auf den Hof zurück nach ihrer Ausbildung. Der Druck wächst, sie spürt, dass sie nicht mehr so recht erwünscht ist und ihr Platz nicht mehr auf dem elterlichen Hof ist. Nur gut, dass Ax von Stieglitz offenbar ein Auge auf sie geworfen hat und sie immer noch fasziniert von ihm ist. Doch ein Geheimnis umgibt ihn und lässt sie zweifeln…
Im Vordergrund der ganzen Geschichte steht das Gefühlsleben und Erwachsenwerden von Frederike. Das Leben auf dem Gutshof wird minutiös beschrieben, jede Menge Mahlzeiten und Erlebnisse mit den Tieren (Pferden) erzeugen ein lebendiges Bild vom Hofleben um 1920 in Ostpreußen. Die Autorin versteht dabei das Geschehen so zu beschreiben, dass man als Leser das Gefühl hat, mittendrin zu stehen. Ganz nebenbei wird die politische Lage mit einbezogen. So erfährt man von der Abgeschiedenheit und den Problemen, die Reisen nach Deutschland durch Polen machen. Alles in allem liest sich der Roman sehr flüssig und man ist immer gespannt, wie es mit Frederike weitergeht. Allerdings gibt es keine großen Ereignisse, der Roman fliesst eher ruhig dahin. Störend fand ich nur, dass ich sie als etwas einfältig/naiv empfand und manches mal wachrütteln wollte. Der Überraschungsmoment am Ende, auf den man hinfiebert, ist nicht ganz so verblüffend gewesen, wie ich es mir gewünscht hätte. Das offene Ende aber entschädigt etwas und lässt mich auf schnelle Fortsetzung hoffen.
Laut Verlag beruht die Familien-Saga auf einer wahren Begebenheit. Ein weiterer Band wird laut Schlusswort folgen. Ich kann diesen Frauenroman für alle, die sich ein bisschen weg träumen wollen vom Alltag und sich hineinversetzen möchten in der Zeit zwischen den Weltkriegen nur empfehlen. Ich habe das Buch verschlungen!